Marktausblick: Fragile Wachstumschancen
von Felix Ronner

Im letzten Blogbeitrag habe ich einige langfristige
Trends beleuchtet, die sich aus der Covid-19-Pandemie ergeben. Dieser
Blogbeitrag widmet sich nun verstärkt einem kurz- bis mittelfristigen Ausblick und
wie sich die Märkte in den nächsten Monaten entwickeln werden.
Selbstverständlich spielt dabei die Pandemie nach wie vor eine entscheidende
Rolle.

Auch wenn die Märkte die Höchststände von Anfang Jahr (noch)
nicht erreicht haben, haben sie sich von den Tiefständen Mitte März bereits
stark erholt. Die Aktienmärkte sind mittlerweile tendenziell wieder hoch bewertet
und Rückschläge sind jederzeit möglich.

Erneuter Bärenmarkt unwahrscheinlich, aber «buy the dip»
bleibt wichtig

Die Reaktionsfähigkeit und -bereitschaft der Zentralbanken
und Staaten ist aber nach wie vor hoch. Unter der Annahme, dass weitere Schocks
wie zum Beispiel ein eskalierender Handelsstreit zwischen den USA und China
oder eine zweite grössere Infektionswelle ausbleiben, halten wir einen
Kurssturz, wie wir ihn im Februar und März erlebt haben, in den nächsten Wochen
und Monaten deshalb für unwahrscheinlich.

Der Ausblick für die Aktienmärkte bleibt grundsätzlich
positiv, aber weiterhin volatil. Die Volatilität bietet Chancen, und
insbesondere eine «buy the dip»-Strategie kann die Möglichkeit eröffnen,
überdurchschnittlich von späteren Kursgewinnen zu profitieren.

Gesundheitssektor- und Technologietitel bleiben attraktiv

Unabhängig von kurzfristigen Chancen, die sich aus der
aktuellen Volatilität ergeben, bleiben nach wie vor die «Pandemiegewinner» aus
dem Gesundheitssektor wie auch Tech-Unternehmen attraktiv. Zudem sehen wir
angesichts der starken staatlichen Interventionen (siehe unten) Anlagechancen
im Infrastrukturbereich. Dies gilt insbesondere für den Bereich Green
Technology, der trotz der Covid-19-Pandemie nach wie vor Aufwind geniesst.

Schwellenländer besonders betroffen

Während in vielen Industrieländern die Wirtschaftstätigkeit
langsam wiedererwacht, ist die Pandemie in vielen Schwellenländern erst angekommen
und hat sich in den letzten Wochen und Monaten insbesondere in Südamerika stark
ausgebreitet. Gleichzeitig haben diese Staaten oft nicht die Mittel, um den
wirtschaftlichen und auch sozialen Folgen von Covid-19 zu begegnen.

So geht die Weltbank davon aus, dass die Wirtschaftsleistung
Südamerikas aufgrund der Pandemie um 7.2% einbrechen wird, deutlich mehr als
zum Beispiel in Europa mit 4.7%.[1]
Dies schlägt sich natürlich in den Aktienkursen – insbesondere im Vergleich zu
den Industrienationen – und den Währungskursen nieder.

Staaten stützen Wirtschaft in Europa und den USA

Für die zweite Jahreshälfte gehen wir in Europa und den USA
von einer deutlichen wirtschaftlichen Erholung aus. In Europa werden die
einzelnen Staaten wohl die Konjunktur noch stärker stützen, und die EU wird am
Gipfel Ende dieser Woche sehr wahrscheinlich den sogenannten «Recovery Fund»,
der aus sich aus insgesamt EUR 750 Milliarden an Krediten und Zuschüssen zusammensetzt,
beschliessen.

Vom Recovery Fund werden insbesondere die Peripherie-Staaten
profitieren, was entsprechende Chancen eröffnet. Darüber hinaus ist zu
erwarten, dass auch die USA ihr Stimuluspaket im Sommer noch ausbauen
respektive verlängern wird. Insgesamt planen die Industrienationen in der
sogenannten «Fitch 20»-Gruppe Stand anfangs Juni Unterstützung in Umfang von
11% des BIP.[2] Dank
diesen starken Interventionen wird sich die Wirtschaft im zweiten Halbjahr noch
mehr erholen, und es ergeben sich weitere Anlagechancen.

Insgesamt eröffnen sich «dank» der Corona-Pandemie und auch
den damit verbundenen staatlichen Massnahmen neue Anlagechancen. Doch
angesichts der hohen Volatilität und der Fragilität der momentan positiveren
wirtschaftlichen Aussichten sind nach wie vor Vorsicht und aktives Management
unabdingbar.

[1] The World Bank. The Global Economic
Outlook During the COVID-19 Pandemic: A Changed World.
https://www.worldbank.org/en/news/feature/2020/06/08/the-global-economic-outlook-during-the-covid-19-pandemic-a-changed-world

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